Die Leute aus Shanghai – Fortsetzung

Laojiu, japanisch Raochū, ist eine lange gereifte Variante von Huangjiu, ein nicht destillierter Wein aus Reis, Hirse oder Weizen

Laojiu 老酒, japanisch Raochū, ist eine lang gereifte Sorte von Huangjiu 黄酒 („Gelbwein“) aus Reis, Weizen oder Hirse mit weniger als 20% Alkoholgehalt.

Erster Teil der Übersetzung: Die Leute aus Shanghai. Guo Moruo in der japanischen Presse

Herr Maeda, der Verwalter des men’s house, in dem ich untergekommen bin, ist ein bekannter Mann in Shanghai; er ist Christ, Unternehmer und ein ziemlich guter Gesprächspartner. In diesem house haben schon Herr Kagawa Toyohiko,1 der Agrarwissenschaftler Herr Dr. Yamazaki Momoji2 und andere übernachtet. Was diesen Kagawa Toyohiko angeht: Er hat von der neuen Shanghaier Gruppe Verachtung erfahren. Ihm leisten nur noch hohe Beamte, reicher Männer Ehefrauen, alte Christen und Spione Gesellschaft. Dr. Yamazaki jedoch promovierte ursprünglich als Lehrer der Dōbun-Shoin-Universität, indem er Laojiu-Wein erforschte und ist eine neue Autorität in Bereich japanischer Bakterien-Fermentierung. (Heute lehrt er an der Gifu Hochschule für Land- und Forstwirtschaft.) Auf der ganzen Welt gibt es niemanden, der Laojiu-Wein so gründlich kennt wie er; er kennt ihn sogar so gut, daß er auch für’s Trinken einen Doktor bekommen sollte. Er ist ein äußerst offenherziger Weltbürger und genau der Typ Mensch, der in Shanghai wohnt. Ich habe von ihm viel über Laojiu-Wein erfahren.

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  1. Kagawa Toyohiko (1888–1960) studierte in Tokyo und den USA. Er war Schriftsteller, christlicher Reformer, Kämpfer für Arbeiterrechte und Pazifist. []
  2. Yamazaki Momoji  (1890–1962) []

Die Leute aus Shanghai. Guo Moruo in der japanischen Presse

"Shanhai no Hitobito" aus der Yomiuri-Shinbun vom 2. 12. 1927

“Shanhai no Hitobito” aus der Yomiuri-Shinbun vom 2. 12. 1927

Der folgende Artikel stammt aus der Tageszeitung Yomiuri Shinbun vom 2. Dezember 1927 und ist der erste Artikel in der Yomiuri, in dem Guo Moruos Name erwähnt wird. Er gibt auch einen kleinen Einblick darüber, wer die Damen und Herren der Stunde waren – welche chinesischen Literaturschaffenden der japanischen Dichter I Ken (1895-1945), der nach einer Shanghai-Reise über sie eine Serie geschrieben hat, kennenlernen konnte. Der hier übersetzte ist der zweite von drei Teilen.

Im ersten Teil (vom 29. 11. 1927) beschreibt Itō das internationale Flair Shanghais, das ihm außerordentlich gut gefallen habe und, daß er während seines sommerlichen Aufenthalts dort viele Freundschaften geschlossen habe, über die er schreiben möchte. Die Uchiyama-Buchhandlung wird beschrieben, die die erste japanische Buchhandlung in Shanghai und ein beliebter Treffpunkt der dichterischen Intelligenz war. Dort fand er freundliche Aufnahme und hat dem den Laden betreibenden Ehepaar auch ein Gedicht gewidmet. Mit der Beschreibung literarischer Persönlichkeiten beginnt Itō im zweiten Teil.

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Technische Hilfsmittel

Die sich mit inhaltlichen Materialien beschäftigen Webseiten wurden bereits im Eintrag Ressourcen (jüngst erweitert) vorgestellt – hier nun ein paar Seiten und Programme, die beim Umgang mit diesen Quellen hilfreich sein können.

Werkzeug zur automatischen Umwandlung von alten zu neuen Schriftzeichen und umgekehrt (Japanisch)

Mit einem Knopfdruck können auf dieser Webseite alte in neue japanische Schriftzeichen umgewandelt werden – selbst ganze Texte können eingegeben werden. Eine nachträgliche Kontrolle ist dennoch unumgänglich.

Übersichtstabelle zu chinesischen Romanisierungen

Mit dem üblichen Suchbefehl (am PC: Strg + F) kann man leicht jegliche Zeichenkombination der drei häufigsten chinesischen Transkriptionssysteme, Bopomofo, Wade-Giles und Pinyin, aufsuchen und abgleichen.

Schriftzeichensatz mit (nahezu) allen alten Schriftzeichen

Mit den kostenlosen Hán-Nôm-Fonts lassen sich auch veraltete oder ungewöhnliche Schriftzeichen darstellen und verwenden, die man mit den vorinstallierten Zeichensätzen von Windows nicht sehen kann.

Die Schöpfungsgesellschaft (创造社 Chuangzaoshe)

Deckblatt der Briefsammlung: „Tian Shouchang, Zong Baihua, Guo Moruo. Kleeblatt“. (Tian Shouchang ist der Geburtsname Tian Hans)

„Tian Shouchang, Zong Baihua, Guo Moruo. Kleeblatt“. (Tian Shouchang ist der Geburtsname Tian Hans)

Im Sommer 1921 gründeten die Freunde Guo Moruo, YU Dafu, CHENG Fangwu und ZHANG Ziping die Schöpfungsgesellschaft, eine der ersten und bedeutendsten Literaturgesellschaften Chinas. Ihnen allen war gemein, daß sie ein Auslandsstudium in Japan absolviert hatten – Guo Moruo studierte dort Medizin. Produziert wurden die Schriften der Gesellschaft vom Verlag Taidong Shuju (泰東書局) in Shanghai – und fanden schnell weitreichende Verbreitung, so daß unter ihrem Einfluß in kurzer Zeit viele kleine Literaturzirkel im ganzen Land entstanden.

Der schnelle Erfolg der Publikationen gründete sich vor allem auf der Popularität Guo Moruos und Yu Dafus, die dort auch berühmt gewordene Veröffentlichungen machten: Schon im ersten Jahr publizierte Guo Moruo seinen Gedichtband „Göttinnen“ (女神 Nüshen) und seine Übersetzung von „Die Leiden des jungen Werthers“ (少年维特的烦恼 Shaonian Weite de fannao).

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Weihnachten

Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Ueberall das Süße spendend,
In dem Glanze sich bewegend,
Alt und junges Herz erregend –
Solch ein Fest ist uns bescheret,
Mancher Gaben Schmuck verehret;
Staunend schaun wir auf und nieder,
Hin und her und immer wieder.

Aber, Fürst, wenn Dir’s begegnet
Und ein Abend so Dich segnet,
Daß als Lichter, daß als Flammen
Vor Dir glänzten allzusammen
Alles was Du ausgerichtet,
Alle die sich Dir verpflichtet:
Mit erhöhten Geistesblicken
Fühltest herrliches Entzücken.

J. W. v. Goethe – Weihnachtsgedichte von Guo Moruo und Mori Ōgai sind eher spärlich gesät. (Katsumi Tateno-Kracht und Klaus Kracht arbeiten aber, wie man hört, an einem Buch über Weihnachten im Hause Mori – vielleicht also nächstes Jahr an dieser Stelle mehr.)

Äpfel und Birnen

Besser drei Mal überlegen

Besser drei Mal überlegen

Nach all den sprachlichen Problemen, die hier schon behandelt wurden, blieb doch noch ein wichtiger Punkt zu wenig erwähnt: die Übersetzung von Kulturtatsachen und ihre Tücken. Als Anlaß sei ein kleiner Satz zitiert, den man heute in der Bildergallerie der Tagesschau lesen konnte:

In der indischen Stadt Hyderabad töpfert ein Mann ein Ölgefäß für das “Diwali Festival” – Lichterfest, das am 17. Oktober gefeiert wird. Das Festival erinnert an den Hindugott Lord Rama, der nach 14 Jahren im Exil in seine Heimatstadt Ayodhya zurückgekehrt ist. Das Lichterfest gleicht dem deutschen Weihnachten und Silvester in einem.

Das Lichterfest gleicht natürlich nicht dem deutschen Weihnachten und Silvester in einem. Und um das zu wissen, muß man das Lichterfest noch nicht einmal kennen, sondern nur einen einzigen Dezember in Deutschland verbracht haben.

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Forschung im 20-Minutentakt – der 14. Japanologentag

Melanchthonianum der Universität Halle

Melanchthonianum der Universität Halle

In diesem Jahr wurde der alle drei Jahre stattfindende Japanologentag in der Martin-Luther-Universität Halle ausgerichtet, und Japanologen kamen von hüben und drüben, um ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren. Freilich haftet solchen Veranstaltungen immer ein Hauch von Schaubudenhektik an: Es gilt schließlich, in zwanzig Minuten seine letzten Forschungsjahre zusammenzufassen, für Uneingeweihte aufzubereiten und – so vorhanden – die spannenden Aspekte herauszustellen. Daß diese Forschung sich auch eher selten mit den vorgegebenen Themen deckt, hindert natürlich nicht am Vortrag – Schlagwörter haben schließlich lange Haare, an denen man sie in solchen Situationen gut herbeiziehen kann.

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Wer wen?

"China provoziert Gastgeber" Screenshot der Tagesschau-Webseite vom 12. 09. 09

“China provoziert Gastgeber” Screenshot der Tagesschau-Webseite vom 12. 09. 09

“China provoziert Gastgeber” lautet die Überschrift zu einem Video, das man heute auf den Seiten der Tagesschau sehen kann. Tendenziöse Berichterstattung, wie man sie in Deutschland gewöhnt ist, so bald (nicht nur) über China gesprochen wird. Dabei ist in nichts peinlich, selbst nicht, daß die Überschrift durch das dazugehörige Video kompromittiert wird. Dort wird nämlich gezeigt, daß – als für die VR problematisch bekannte – “regimekritische” Schriftsteller Dai Qing und Bei Ling, die vorher offiziell ausgeladen waren, “im letzten Moment” doch noch eingeladen worden sind und das Programm kurzfristig geändert wurde. Petra Roth (CDU), Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main mußte auch noch einmal ihre rechtstaatliche Aufrichtigkeit beweisen und die Buchmesse “für fehlende Standhaftigkeit gegenüber den chinesischen Behörden” kritisieren – natürlich in aller Öffentlichkeit und vor dem chinesischen Komitee. Schließlich wurden die beiden kurzfristig eingeladenen Schriftsteller auch noch für ein Statement auf die Bühne geladen, worauf das chinesische Komitee den Saal verließ, um allerdings wenig später wieder zurück zu kehren. – Eine unerhörte Provokation also, wie man in der Tagesschau beflissen berichtet. Continue reading ‘Wer wen?’ »

Wie Goethe nach China kam

Guo bei der Arbeit

Guo bei der Arbeit

Wenn vielleicht kaum überrascht, daß Goethe China für sich entdeckt hat1, bevor China Goethe entdeckte, verwundert doch, daß die erste nachweisbare Übersetzung eines Goethetextes in die chinesische Sprache erst vor weniger als 100 Jahren publiziert wurde. Schon ein Jahrzehnt später sollte Goethe aber der beliebteste, meistgelesene und meistübersetzte ausländische Dichter in China sein und ein wesentliches Element bei der Entwicklung einer neuen Literatur nach dem Ende der Kaiserzeit. Es lohnt sich daher, genauer zu betrachten, was Goethe in dieser Phase chinesischer Geschichte so schlagartig hat populär werden lassen, und mit diesem Vorgang ist, wie hier gezeigt werden soll, untrennbar der chinesischen Schriftsteller, Geisteswissenschaftlicher, Naturwissenschaftler, Übersetzer, Kalligraph, Revolutionär und Staatsmann Guo Moruo verbunden. Denn obwohl Goethe und sein Werk viele chinesische Dichter in den zwanziger und dreißiger Jahren inspirierten, war es Guo, der am tiefsten in seinem Denken und Schaffen von Goethe beeinflußt war und der ihn durch seine Übersetzungen und Veröffentlichungen in China bekanntmachte.2

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Goethe: Chinesisches

Goethe 1819

Goethe 1819

Wenn auch mannigfaltige Aufgaben mich daran hindern, heute Eigenes zu veröffentlichen, möchte ich doch der Allgemeinheit einen kleinen Dienst tun und die bisher im Internet nicht auffindbaren Übersetzungen chinesischer Gedichte, die Goethe in dem Aufsatz Chinesisches 1827 in Über Kunst und Altertum veröffentlichte hier austellen. Die enthaltenen Gedichte übersetzte Goethe aus Thoms’ englischer Fassung The Song of a Hundred Beautiful Women.

Chinesisches

Nachstehende, aus einem chrestomathisch-biographischen Werke, das den Titel führt: „Gedichte hundert schöner Frauen”, ausgezogene Notizen und Gedichtchen geben uns die Überzeugung, daß es sich trotz aller Be­schränkungen in diesem sonderbar-merkwürdigen Reiche noch immer leben, lieben und dichten lasse.

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