Im Sommer 1921 gründeten die Freunde Guo Moruo, YU Dafu, CHENG Fangwu und ZHANG Ziping die Schöpfungsgesellschaft, eine der ersten und bedeutendsten Literaturgesellschaften Chinas. Ihnen allen war gemein, daß sie ein Auslandsstudium in Japan absolviert hatten – Guo Moruo studierte dort Medizin. Produziert wurden die Schriften der Gesellschaft vom Verlag Taidong Shuju (泰東書局) in Shanghai – und fanden schnell weitreichende Verbreitung, so daß unter ihrem Einfluß in kurzer Zeit viele kleine Literaturzirkel im ganzen Land entstanden.
Der schnelle Erfolg der Publikationen gründete sich vor allem auf der Popularität Guo Moruos und Yu Dafus, die dort auch berühmt gewordene Veröffentlichungen machten: Schon im ersten Jahr publizierte Guo Moruo seinen Gedichtband „Göttinnen“ (女神 Nüshen) und seine Übersetzung von „Die Leiden des jungen Werthers“ (少年维特的烦恼 Shaonian Weite de fannao).
Ein Motto der Gesellschaft war, „Kunst um der Kunst willen“ zu schaffen, und nicht, wie die Mitglieder etablierten Vertretern der chinesischen Schriftstellerszene und insbesondere der „Gesellschaft zum Studium der Literatur“ (文学研究会 Wenxue yanjui hui) vorwarfen, „Kunst um des Lebens willen“. Im Mittelpunkt vieler Veröffentlichungen stand das Individuum des Künstlers und Menschens, mit besonderer Betonung seiner Schaffenskraft – aus der sich auch der Name der Gesellschaft ableitet.
Im Zusammenhang mit Goethe besonders interessant ist der in der Schöpfungsgesellschaft herausgegebene Briefwechsel zwischen Guo Moruo, Tien Han und Zong Baihua unter dem Namen „Kleeblatt“ (三叶集 Sanyeji), in dem Goethes Literatur und Person diskutiert wird. Zusammen mit den Übersetzungen Guo Moruos machte diese Publikation ein breites Publikum auf Goethe und sein Werk aufmerksam.
Die Schöpfungsgesellschaft entwickelte sich ab 1926 zu einer größeren Organisation mit vielen, auch finanziell beitragenden Mitgliedern und zahlreichen Publikationen. Schon etwa zwei Jahre später begann die Gesellschaft jedoch an inneren Streitigkeiten zu zerbrechen. Die seit 1923 immer stärker marxistisch und revolutionär ausgerichteten Inhalte waren für die Guomindang-Behörden Grund, die Gesellschaft 1930 zu verbieten.
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Zum Weiterlesen:
Michel Hocks: „Questions of style. Literary societies and literary journals in modern China, 1911-1937“, Leiden 2003