Gesaku: Eine Literaturform der Edo-Zeit

Portrait des Gesaku-Schriftstellers Santō Kyōden 山東京伝 durch Chōkyūsai Eiri 鳥橋斎栄里

Portrait des Gesaku-Schriftstellers Santō Kyōden 山東京伝 durch Chōkyūsai Eiri 鳥橋斎栄里

Eine Bezeichnung, auf die ich in diesem Journal häufiger zu schreiben kommen werde, ist gesaku. Damit wiederholte Erklärungen entfallen können, soll hier kurz erklärt werden, was es mit diesem Wort auf sich hat.

Gesaku 戯作 (andere Leseweisen sind kisaku, gisaku, kesaku) bedeutet wörtlich »im Scherz gemacht« und ist ein Oberbegriff für verschiedene Prosa-Textsorten, die in der Edo-Zeit (1603–1868) entstanden sind. Er drückt aus, daß der Autor seinem Werk eine leichtfertige Haltung gegenüber einnnimmt; es also nicht seinen ernsten (Haupt-)Geschäften gleichkommt.

In seiner ersten Phase in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden gesaku-Werke von einer überschaulichen Gruppe Gelehrter geschrieben und im kleinen Kreis verbreitet. Während auch zu dieser Zeit schon verschiedene Textsorten dazuzählten, drehten sie sich inhaltlich recht eng um Moden, Gerüchte und das Leben in den Freudenvierteln und auf dem Theater. Stilistisch zeichneten sich sich durch Wortspiele, Parodien und Anspielungen auf ältere Werke und eine komplexen formalen Aufbau aus.

Die Kansei-Reformen (1787–93), ein Versuch der bakufu-Regierung, die Position der Samurai zu stärken, die des neuen Städtebürgertums zu schwächen und Bauern bessere Lebensbedingungen zu schaffen, stellten einen Wendepunkt für die gesaku-Literatur dar. Einige der Schriftsteller, denen für ihre parodistischen und das städtische Luxusleben verherrlichenden Schriften Strafen auferlegt wurden, gaben ihre literarische Tätigkeit auf. Gesellschaftliche und technische Entwicklungen jedoch führten zur Popularisierung von gesaku, das nun nicht mehr nur von einer kleinen Zahl Gelehrter hauptsächlich aus dem Samurai-Stand, sondern auch von Bürgern angegangen wurde und eine breite Leserschaft fand.

Mit den Tenpo-Reformen (1841–43), die die gleichen Ziele wie zuvor die Kansei-Reformen auf noch radikalere Weise versuchten durchzusetzen, wurde die Möglichkeit zur Behandlung aktueller Ereignisse stark eingeschränkt. In den Jahren danach bis unmittelbar nach der Meiji-Restauration 1868 gab es noch vereinzelte Autoren, die gesaku unter diesen Einschränkungen schrieben, wenig später jedoch wurde diese Art der Literatur vorläufig in den Hintergrund gedrängt.

Textsorten, die heute unter dem Begriff gesaku gesammelt werden, sind kibyoshi, sharebon, kokkeibon, yomihon, ninjobon, hanashibon, gokan und andere.

Zu berühmten gesaku-Autoren der Edo-Zeit zählen Hiraga Gennai, Ōta Nanpo, Santō Kyōden, Jippensha Ikku, Shikitei Sanba, Ryūtei Tanehiko, Takizawa Bakin und Tamenaga Shunsui.

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Weiterführende Literatur:

IWASAKI, Haruko: »The World of Gesaku: Playful Writers of Late Eighteenth Century Japan«, Dissertation, Harvard University 1984.

JONES, Sumie: »Comic fiction in Japan during the later Edo period«, Dissertation, University of Washington 1979.

MAY, Ekkehard: Die Kommerzialisierung der japanischen Literatur in der späten Edo-Zeit (1750–1868): Rahmenbedingungen und Entwicklungstendenzen der erzählenden Prosa im Zeitalter ihrer ersten Vermarktung, Wiesbaden: Harrassowitz 1983.

SCHAMONI, Wolfgang: »Die Sharebon Santô Kyôden’s und ihre literaturgeschichtliche Stellung«, Dissertation, Universität Bonn 1970.